Artgerechte Haltung Europäischer Landschildkröten – warum ein Terrarium nicht geeignet ist

Europäische Landschildkröten können nur in einer naturnah gestalteten Freilandanlage mit einem beheizten Frühbeet wirklich artgerecht gehalten werden. Eine Wechselhaltung zwischen Freigehege und Terrarium ist nicht möglich, da die Tiere überaus stressempfindlich sind und der ständige Umgebungswechsel sie krank machen kann. Schildkröten sollten daher dauerhaft im selben Gehege gehalten werden.
Ein Terrarium eignet sich nicht für die dauerhafte Haltung, sondern allenfalls vorübergehend, etwa bei Krankheit, Quarantäne oder während einer Behandlung. Deutlich vorzuziehen wäre dem jedoch ein großes, nach oben komplett offenes Notgehege.

Warum ein Terrarium für Europäische Landschildkröten ungeeignet ist

Wer versucht, Europäische Landschildkröten im Haus zu halten, stößt schnell an Grenzen.
Schon der Platzbedarf ist enorm: Für zwei adulte Griechische Landschildkröten (Testudo hermanni) müssten mindestens 20 m² zur Verfügung stehen – das entspricht etwa der Größe eines durchschnittlichen Wohnzimmers.

Doch selbst wenn dieser Platz vorhanden wäre, lässt sich die natürliche Umgebung im Haus kaum nachbilden.
Um ausreichend Licht und Wärme zu erzeugen, wären etwa etliche hochwertige Sonnenlampen nötig, ergänzt durch starke UV-Lampen. Diese Technik verursacht extrem hohe Stromkosten und bleibt dennoch nur ein unvollständiger Ersatz für echtes Sonnenlicht.

Zudem müsste eine mindestens 30 cm tiefe Erdschicht vorhanden sein, damit sich die Tiere eingraben und Weibchen ihre Eier ablegen können. Hinzu kommen Anforderungen an Bepflanzung, Bewässerung, Belüftung, Reinigung und regelmäßigen Bodenaustausch.

Warum es keine „gute Terrarienhaltung“ für Europäische Landschildkröten gibt

Eine „gute Terrarienhaltung“ kann es meiner Meinung nach schon aufgrund der fehlenden Platzverhältnisse für Europäische Landschildkröten nicht geben.
Alles andere lässt sich vielleicht noch technisch mit sehr großem Aufwand halbwegs ausgleichen – mit hochwertigen UV-Strahlern, Sprenkleranlagen, Verneblern und Wärme- und Kühltechnik (letzteres für die nötige Nachtabsenkung der Grundtemperatur).
Aber der Platz im Terrarium ist und bleibt zu begrenzt, um den Bedürfnissen Europäischer Landschildkröten gerecht zu werden. Und eine UV- Lampe, die die Sonne mit all ihren Vorzügen perfekt simuliert, gibt es leider nicht.

Aber: Außenhaltung ist nicht automatisch artgerecht

Gleichzeitig darf man sich nichts vormachen: Auch eine Außenhaltung ist nicht automatisch gut oder artgerecht.
Eine schlechte Freilandhaltung ist schnell geschaffen – etwa ein zugiges, ganztägig schattiges Mini-Gehege mit etwas Rasen für ein adultes Männchen.
Fehlen zudem Kalkschotter, ein Frühbeet mit Technik, Versteckmöglichkeiten und eine blickdichte Einfriedung, ist das Ergebnis ein trostloses, stressauslösendes Außengefängnis. Unter solchen Bedingungen würde wohl jede Schildkröte aufgrund ihres hohen Bedarfs an Wärme und Licht zunächst das Terrarium vorziehen – und das zu Recht.

Terrarienhaltung pauschal zu verurteilen, greift zu kurz

Wer Terrarienhaltung grundsätzlich ablehnt, bewegt sich auf dünnem Eis.
Denn auch viele tropische Landschildkrötenarten werden unter Bedingungen gehalten, die eigentlich kaum besser sind.
Sie besitzen oft einen ähnlich starken Bewegungsdrang und zeigen ebenfalls Wandertrieb und Revierverhalten, das sich in engen Terrarien nicht ausleben lässt.

Der einzige Unterschied: Europäische Arten können mit dem nötigen Frühbeet und Technik draußen leben, wenn wir ihnen das Mittelmeerklima simulieren.
Tropische Arten hingegen benötigen konstant warme Bedingungen – was Halter fast zwangsläufig zu einer Terrarienhaltung zwingt. Doch auch hier gilt: Je größer, strukturierter und vielfältiger das Gehege, desto höher ist die Lebensqualität der Tiere.

Eine Grundsatzdiskussion über Schildkrötenhaltung?

Wenn man diese Überlegungen zu Ende denkt, müsste man eigentlich eine grundsätzliche Diskussion über die Haltung von Landschildkröten führen – unabhängig von ihrer Herkunft.
Denn sowohl europäische als auch tropische Arten haben komplexe Bedürfnisse, die sich nur schwer in menschlicher Obhut vollständig erfüllen lassen.
Doch wer will das schon?
Denn das würde bedeuten, dass wir unser gesamtes Verständnis von Tierhaltung, Platzbedarf und technischer Nachbildung von Lebensräumen infrage stellen müssten.

Fazit: Freilandhaltung bleibt das Ziel

Eine artgerechte Haltung von Europäischen Landschildkröten im Terrarium ist nicht umsetzbar – weder technisch noch ethisch.
Aber auch die Außenhaltung will durchdacht und sorgfältig angelegt sein.
Nur in einer strukturreichen, sonnigen und naturnah gestalteten Freilandanlage können Europäische Landschildkröten wirklich so leben, wie es ihrer Art entspricht – mit Sonne, einem hochwertigen Frühbeet, Erde, Pflanzen, Verstecken und reichlich Raum zur Bewegung.