Parasitenfrei durchs Schildkrötenjahr
Für die Gesundheit unserer Tiere sind regelmäßige Kotuntersuchungen auf Darmparasiten beim Reptilientierarzt oder im Speziallabor (z.B. bei Exomed) sehr wichtig. Mehrere Male im Jahr lassen wir daher Kotproben unserer Schildkröten auf Darmparasiten untersuchten.

Typische Darmparasiten bei Europäischen Landschildkröten
Typische Darmparasiten bei den Europäischen Landschildkröten (z. B. Griechische Landschildkröten Testudo hermanni, Maurische Landschildkröte Testudo graeca) sind hauptsächlich folgende:
1. Oxyuriden (Madenwürmer oder Oxyuren)
- Häufigster Parasitenbefall bei Landschildkröten.
- Leben im Enddarm.
- Können bei Massenbefall Verdauungsprobleme und Abmagerung verursachen.
- Übertragung durch kontaminierten Kot.
2. Strongyliden (Hakenwürmer/Spulwürmer)
- z. B. Strongyloides oder andere Nematodenarten.
- Können die Darmschleimhaut schädigen.
- Symptome: Abmagerung, Durchfall, Mattigkeit.
3. Askariden (Spulwürmer)
- Kommen seltener bei Schildkröten vor als bei anderen Reptilien.
- Große Wurmarten, bei starkem Befall sichtbar im Kot.
- Können zu Darmverschluss führen.
4. Protozoen (Einzeller)
- Flagellaten (z. B. Hexamita, Trichomonaden)
- Manche Arten sind harmlos, andere pathogen.
- Amöben
- Pathogene Amöben verursachen blutigen Durchfall und sind gefährlich.
- Kokzidien (z. B. Isospora)
- Besonders bei Jungtieren problematisch.
- Führen zu Gewichtsverlust und Durchfall.

Kotuntersuchung
Man sammelt idealer Weise über 3 Tage Kot. Der Kot sollte möglichst frei von Steinchen, Erde oder Futterresten sein. Besonders aussagekräftig sind Einzel-Kotproben, bei einem Befall vergesellschafteter Tiere werden jedoch alle Schildkröten der Gruppe entwurmt. Es wird nach neuesten Erkkenntnissen ab einem leichten (+) Befall entwurmt. Parasiten haben verschiedene Lebenszyklen und sind daher nicht ständig nachweisbar. Es gibt Reptilientierärzte, die prophylaktisch, ohne positiven Befund, entwurmen, weil sie die Parasitenfreiheit für derart wichtig erachten.
Der Kot wird in Kotröhrchen mit einem Tropfen Wasser im Kühlschrank aufbewahrt. Sobald wie möglich sollte der frische Kot dann beim Tierarzt zur Untersuchung eingereicht werden.
Benutzt man ein Set zum Einschicken, empfiehlt es sich, übers Wochenende zu sammeln und die Probe Montags per Post zu verschicken.
Falls man keinen Kot finden kann, kann man die Tiere ausnahmsweise zweimal am Tag in ihre Badeschalen mit handwarmem Wasser im Frühbeet setzen. Dies regt den Kotabsatz an, und stellt keinen besonderen Stress für die Tiere dar, da sie die Badeschale jederzeit wieder verlassen können.
Diagnose
- Kotuntersuchung (Flotation, Sedimentation, Direktpräparat, evtl. PCR) durch reptilienkundigen Tierarzt oder ein Speziallabor. Haustierärzte ohne Spezialisierung sind häufig nicht befähigt, Schildkröten-Befunde richtig zu interpretieren. Vorgehensweise des Einreichens siehe unten.
Behandlung
- Behandlung je nach Parasit: z. B. Fenbendazol bei Oxyuren, Metronidazol bei Flagellaten, Sulfonamide bei Kokzidien. Die Präparate sind verschreibungspflichtig und nicht frei erhältlich. Wird der Befund durch ein externes Labor gestellt, legen manche Reptilientierärzte Wert auf eine eigene Nachuntersuchung des Kots. Es empfiehlt sich also, im Vorfeld die Vorgehensweise abzuklären, um nicht doppelte Untersuchungs-Kosten tragen zu müssen.

Entwurmung
Sollte ein Befall vorliegen, so wird ein Entwurmungspräparat durch den Reptilientierarzt verschrieben. In der Regel wird für die gängigen Oxyuren entweder Panacur oder Welpan empfohlen.
Die Präparate gibt es in verschiedenen Darreichungsformen und Stärken, und jeder Reptilientierarzt bevorzugt verschiedene Einnahmeschemata. Hierbei kommt es in der Haltungsberatung oft zu Rückfragen, allen Schemata gemein ist jedoch die Verabreichung in verschiedenen Abständen über einen Zeitraum von ungefähr 2 Wochen.
Für adulte Tiere gibt es Tabletten, die man einfach in einem Leckerli verabreichen kann. Für Jungtiere gibt es eine Suspension, die mit einer Pipette eingegeben werden muss. Für die Verschreibung wird das aktuelle Gewicht der Tiere ermittelt, damit der Tierarzt die Dosierung errechnen kann.
Traut man sich als Haltungs-Anfänger nicht zu, das Medikament selbst zu verabreichen, so sollte man in den angegebenen Abständen zur Verabreichung zum Reptilientierarzt gehen. So ist sichergestellt, dass das gesamte Medikament im Tier landet.
In der Zeit nach der Entwurmung muss der Kot gründlich abgesammelt werden. Wasserschalen sollten peinlichst saubergehalten werden. Abschließend kann an den Laufwegen und Verstecken Substrat abgetragen werden, und durch frischen Mutterboden oder Schildkrötenerde ersetzt werden. Eine gute Hygiene ist sehr wichtig für den Erfolg der Entwurmung.
Kontrolluntersuchung
Ungefähr drei Wochen nach der letzten Entwurmung sollte erneut eine Kotprobe zur Untersuchung eingereicht werden, um sicherzugehen, dass die Kotprobe der Schildkröte tatsächlich parasitenfrei ist. Sind noch Parasiten vorhanden, wird noch einmal entwurmt. Eine erste Kotprobe des Jahres sollte frühestens nach dem Herauffahren der Temperaturen nach der Starre erfolgen und sollte spätestens im Juni untersucht werden. Eine zweite Untersuchung sollte dann zur Sicherheit im Spätsommer beim Vor-Starre-Check beim Reptilientierarzt durchgeführt werden. Anfängern der Haltung ist zu empfehlen, diese Termine in den Kalender einzutragen, und Tierarztbesuche weit im Vorfeld zu planen.
Bei sehr starker Verwurmung kann es zu Problemen mit dem Ausscheiden der Parasiten-Knäuel kommen, daher sollte man den Kotabsatz gut im Auge behalten.
Ist ein problemloser Kotabsatz nicht erkennbar, oder sieht man erfolglose Pressversuche, so sollte man sich direkt an den Reptilientierarzt wenden. Gelegentlich kann es in Extremfällen zu Verstopfung und sogar lebensbedrohlichem Darmverschluss kommen. Beruhigenderweise kann man dazu sagen, dass das normalerweise nicht zu befürchten ist, sondern nur in seltenen Einzelfällen bei besonders stark verwurmten Schildkröten vorkommt. Betroffen sind hiervon beispielsweise beschlagnahmte Tiere, die aus dem illegalen Wildtierhandel stammen, sogenannte Wildfänge, oder komplett verwahrloste Tiere. Es sollte einem als Halter jedenfalls bewusst sein, dass man, falls eine Entwurmung einmal nicht problemlos vonstatten geht, den Reptilientierarzt konsultieren sollte.
Parasitenfrei in die Winterstarre
Eine negative Kotuntersuchung auf Darmparasiten ist eine der Grund-Voraussetzungen für eine sichere Kältestarre der Schildkröten. Daher ist sie meist auch Bestandteil eines Vor-Starre-Checkups beim Reptilientierarzt. Ohne negative Kotuntersuchung sollte keine Schildkröte in die Temperaturabsenkung gehen. Bei seinem Vortrag beim Gießener Schildkrötenworkshop 2023 legte Dr. Malek Hallinger vom Labor Exomed dar, dass 40 % der von ihm obduzierten, während der Starre verstorbenen Schildkröten stark mit Parasiten verwurmt waren. Von ihm gibt es einen interessanten Artikel über Parasiten in der Schildkröten im Fokus 3/2020 aus dem Kleintierverlag.

Warmhalten
Es ist sehr wichtig, dass die Schildkröte nach der Entwurmung gut sechs Wochen lang auf hochsommerlichen Temperaturen gehalten wird, damit die Parasiten bei gut laufendem Stoffwechsel ausgeschieden werden und das Medikament komplett verstoffwechselt werden kann. Zur Warmhaltung gehört natürlich auch das Angebot einer hellen, warmen UV-Sonnenlampe, unter der sich die Schildkröte auf ihre Vorzugstemperatur von 35-38°C bringen kann. Schildkröten, die direkt nach der Entwurmung in die Temperaturabsenkung Richtung Starre gehen, haben ein großes Risiko, durch die nicht ausgeschiedenen Parasiten während der Starre gesundheitliche Probleme zu entwickeln.

Prophylaxe
- Regelmäßige Kotuntersuchungen (mind. 2× jährlich)
- Hygiene im Gehege (Kot täglich entfernen)
- Quarantäne bei Neuzugängen
- Keine Überbelegung im Gehege (mindestens 10 m2 pro Tier)
- Kalkschotter im Gehege, auf dem man den Kot leicht finden und entfernen kann