Herbivore Nahrungsopportunisten

Die Europäischen Landschildkröten werden als herbivore Nahrungsopportunisten bezeichnet, weil sie pflanzenfressend sind, aber auch in der Lage sind, sich an eine Vielzahl von Nahrungsquellen anzupassen, abhängig von der Verfügbarkeit in ihrem Lebensraum. Dies ist ein wichtiges Überlebensmerkmal in ihrer natürlichen Umgebung, die oft durch saisonale Veränderungen und unterschiedliche Nahrungsangebote gekennzeichnet ist. Hier sind einige Gründe, warum sie als herbivore Nahrungsopportunisten angesehen werden:

Eine alte Testudo graeca beim Weidegang in der Süd-Türkei, der Fund dieser Hibiskusblüte hat bei ihr zu großer Begeisterung geführt, und sie wurde im Nu verspeist.

 1. Vielfältige Ernährung:

Europäische Landschildkröten ernähren sich hauptsächlich von verschiedenen Wildkräutern, Gräsern, Blättern, Blüten und gelegentlich auch von Früchten, wenn diese verfügbar sind. Sie sind in der Lage, die Nahrungsquellen zu nutzen, die gerade in ihrem Habitat zur Verfügung stehen. 

Mehr zum Futter und rund um die Ernährung erfährt man hier

2. Anpassungsfähigkeit:

Aufgrund ihrer Fähigkeit, sich an das saisonale Angebot anzupassen, können die Europäischen Landschildkröten auch in Regionen überleben, wo das Nahrungsangebot stark schwankt. In trockenen oder nährstoffarmen Gebieten können sie problemlos härtere Pflanzen und trockenes Futter verarbeiten. Oft werden dort auch Schnecken, Kot und Aas gefressen.

Schnecken

Das heißt aber keinesfalls, dass wir ihnen auch Schnecken anbieten sollten, dann in unserem kühlen, feuchten Klima haben die Schildkröten ohnehin viel mehr Gelegenheit dazu, Schnecken zu fressen, als im trockenen Habitat. Schnecken tragen jedoch meist jede Menge Parasiten in sich und können durch Schleimbildung zu Erstickungsanfällen führen. In diesem Fall sollte man möglichst viel der Schnecke aus dem Rachen der Schildkröte ziehen, und das Maul der Schildkröte kräftig mit Tomate oder Himbeere einreiben. Die enthaltene Fruchtsäure führt zu einem Zerfallen des abgesonderten Schleims. Anschließend kann man die Schildkröte in ihre Badeschale mit warmem Wasser setzen, um sich zu entspannen und Wasser zu trinken, und noch ein Stück Tomate oder Himbeere anbieten. Sollte die Atmung dann dennoch nicht gut funktionieren, so sollte man einen Reptilientierarzt aufsuchen.

Eine ruhende Maurische Landschildkröte unter einem Dornenbusch, vorn im Bild ein leeres Schneckenhaus.

Ästivation

Auch Zeiten, in denen es kaum oder keine Nahrung gibt, können Europäische Landschildkröten überdauern. In sehr heißen, lebensfeindlichen Regionen halten sie eine monatelange Ästivation, also Trockenruhe. Hierzu vergraben sie sich tief an einem schattigen, geschützten Ort und fahren ihren Stoffwechsel herunter, ähnlich der Kältestarre. Die Tiere kommen dann meist erst mit den ersten Regenfällen im Herbst wieder hervor, wenn junge Sprossen und Pflanzen wachsen und wieder Futter bereitsteht.

Hibernation

Im Winter gehen die Tiere dann in die Kältestarre, um die kalte, nahrungsarme Jahreszeit zu überdauern. Im Winter hätten die Tiere kaum Möglichkeit, sich auf ihre Vorzugstemperatur aufzuwärmen, was für einen funktionierenden Stoffwechsel unerlässlich ist. Die mediterranen Verbreitungsgebiete unserer Schildkröten befinden sich in der Klimazone der Mediterranen Subtropen. Diese Klimazone ist gekennzeichet durch lange, heiße und trockene Sommer ohne Niederschläge, und kurze, milde Winter mit viel Regen. Wenn die Schildkröten im Februar oder spätestens Anfang März wieder aus der Winterstarre kommen, stehen ihnen daher wieder jede Menge frische Wildkräuter zur Verfügung. Mehr zum Klima im Habitat erfährt man im Handbuch Technik.

3. Effiziente Nutzung von Ressourcen:

Als Nahrungsopportunisten nutzen diese Schildkröten die verfügbare Nahrung möglichst effizient, um ihre Energie- und Nährstoffbedürfnisse zu decken. Sie haben einen langsamen Stoffwechsel, der es ihnen ermöglicht, mit einer pflanzenbasierten Diät, die oft nährstoffärmer ist, als tierische Nahrung, auszukommen. Dieses opportunistische Ernährungs- und Verhaltenstalent trägt wesentlich zu ihrem Überleben in ihrem natürlichen mediterranen Lebensraum bei, der durch heiße, trockene Sommer und milde, feuchte Winter gekennzeichnet ist.

Im Sommer stehen im Mittelmeerraum oft nur trockene Blätter als Nahrungsquelle zur Verfügung, und werden auch problemlos gefressen.