Beginn der Starrevorbereitung

Orientierung an Klimadaten und sanfter Einstieg in die Absenkungsphase
Ende Oktober ist der ideale Zeitpunkt, um sich die Klimadaten und Wetterwerte der natürlichen Habitate anzuschauen.
Sie geben eine wertvolle Orientierung, wann und wie die Tiere in der Natur mit den Vorbereitungen auf ihre Winterstarre beginnen.
Klima-Fokus: Temperaturen Ende Oktober
| Art / Unterart | Region | Durchschnittliche Temperaturen (°C) | Spanne (°C) |
|---|---|---|---|
| THB – Testudo hermanni boettgeri | Platamonas | 21 °C Tag / 12 °C Nacht | 7 – 24 |
| TM – Testudo marginata | Korfu | 19 °C Tag / 16 °C Nacht | 14 – 22 |
| THH – Testudo hermanni hermanni | Pollença / Mallorca | 20 °C Tag / 13 °C Nacht | 9 – 26 |
| TGI – Testudo graeca ibera | Marmaris | 28 °C Tag / 13 °C Nacht | 11 – 33 |
Ab Anfang November ist in allen Regionen ein deutlicher Temperaturabfall zu erwarten:
- Korfu: 10 – 19 °C
- Platamonas: 8 – 14 °C
- Mallorca (Pollença): 10 – 17 °C
- Marmaris: 11 – 22 °C
Bedeutung der Sonnenstunden
Von besonderer Relevanz ist nun die Abnahme der Sonnenstunden.
Mit der sinkenden Tageslänge, geringerer Sonneneinstrahlung und fallenden Temperaturen beginnen die Tiere, sich aktiv auf die Winterstarre vorzubereiten.
Sobald weniger als 150 Sonnenstunden pro Monat erreicht werden und die Nachttemperaturen unter 15 °C sinken, verringert sich die Aktivität deutlich.
Praxis-Tipp:
Wer die genaue Herkunft seiner Tiere kennt, kann sich rund ums Schildkrötenjahr zusätzlich an den Klimatabellen des jeweiligen Ursprungsgebietes orientieren. Das schafft gute Voraussetzungen für eine artgerechte Anpassung, wenn auch in Anbetracht gezogen wird, dass die Erdbodentemperatur durch den hohen Kalksteingehalt im Mittelmeerraum um mehrere Grad, teils sogar bis 10 Grad, höher liegt, als die in 2 Meter Höhe im Schatten gemessene Lufttemperatur.
Schrittweise Temperaturabsenkung im Frühbeet oder Gewächshaus
Jetzt beginnt die erste Phase der Temperaturabsenkung für gesunde Schildkröten.
Tiere, die vor kurzem noch entwurmt werden mussten, sollten nach der letzten Entwurmung noch mehrere Wochen hochsommerlich warm gehalten werden, damit die abgetöteten Parasiten noch ausgeschieden werden können.
Mit einem Universalthermostat (z. B. Biogreen Thermo 2 oder UT300) lässt sich die Grundtemperatur auf Schildkrötenhöhe kontrolliert absenken:
- Nachts: auf ca. 14 °C
- Tagsüber: auf ca. 19 °C
Die Absenkung sollte nicht schneller als 1 °C pro Tag erfolgen.
Gleichzeitig wird die Sonnenplatzdauer täglich um eine Stunde verkürzt, bis man bei 8 Sonnenstunden am Tag angekommen ist. Es ist wichtig, dabei langsam vorzugehen, damit sich die Tiere an den Rückgang der Temperaturen und Sonnenstunden gewöhnen, und noch genügend Zeit haben, zu sonnen, um noch Kot und Urat absetzen zu können.
Beleuchtung und Aktivität
Die Schildkröten benötigen weiterhin gezielte Sonnenphasen, um ihren Stoffwechsel bei Bedarf aktiv zu halten.
Die Wärmezone sollte tagsüber etwa 35 °C auf Panzerhöhe erreichen.
Hinweis:
Solange die Tiere sonnen, sollte die Lampe täglich mindestens fünf Stunden laufen.

Futter, Wasser und Verhalten
Futter und Wasser werden bis zur vollständigen Starre weiterhin angeboten.
Wichtig ist, dass die Tiere selbst entscheiden, wann sie fressen, sonnen oder baden möchten.
Keinesfalls zwangsbaden
Schildkröten in artgerechter Haltung sollten nur auf tierärztliche Anweisung gebadet werden. Siehe auch in Überholte Haltungspraktiken.
Wichtig: Terrarientiere hingegen müssen sogar gelegentlich in ihre Badeschale im Terrarium gesetzt werden, da sie oft stark dehydriert sind.

Besonderheiten bei Maurischen Landschildkröten (TGI)
Maurische Landschildkröten aus wärmeren Verbreitungsgebieten profitieren oft von einem Verschieben der Absenkung. Dementsprechend kann man in Anlehnung ans Habitat wie folgt vorgehen:
Zunächst nur die Nachttemperatur auf etwa 14 °C absenken, während die Sonnenlampe weiterhin von 9 – 17 Uhr täglich für 35 °C auf Panzerhöhe sorgt.
Ziel
Die Temperaturen werden nun über circa vier Wochen schrittweise weiter gesenkt – bis auf das endgültige Starre-Niveau zwischen 5 und 6 °C.
Parallel dazu wird die Beleuchtungsdauer weiter reduziert – am Ende auf etwa fünf Stunden pro Tag.
Praxis-Tipp:
Mindestens fünf Stunden Wärme am Tag sind entscheidend, solange die Tiere noch aktiv sind. Erst wenn alle Schildkröten mehrere Tage lang abgetaucht sind, darf die Sonnenlampe am Ende der Vorbereitungszeit vollständig ausgeschaltet werden.
🐢 Info: Was jetzt im Habitat passiert
In den natürlichen Lebensräumen sind die Tiere noch aktiv, oft bis weit in den November, manchmal sogar bis in den Dezember hinein – je nach Verbreitungsgebiet und Wetterlage.
Doch auch sie spüren nun deutlich, dass es auf die Starre zugeht: Die Nächte werden kühler, die Sonnenstunden nehmen stark ab.
Das ist gewissermaßen das Startsignal zur Vorbereitung auf die Winterruhe.
Die Schildkröten fressen weniger, suchen vermehrt Wasserstellen zum Baden und Trinken auf und setzen vermehrt Kot und Urat ab.
Mit dem Einsetzen der ersten nennenswerten Regenfälle ab Oktober entstehen wieder Pfützen und Rinnsale – eine willkommene Gelegenheit, Flüssigkeit aufzunehmen und überschüssige Stoffwechselprodukte auszuscheiden.
Die zuvor in der Harnblase gespeicherten Wasservorräte, die während des heißen, trockenen Sommers überlebenswichtig waren, werden nun nicht mehr benötigt. Durch das vermehrte Trinken und Absetzen werden Leber und Nieren entlastet, und der Körper kann sich optimal auf die bevorstehende Kältestarre einstellen.
Unser Ziel in der Haltung:
Diese natürlichen Abläufe so gut wie möglich nachzubilden.
Viel Erfolg beim behutsamen Herunterfahren!

Technik und Vorbereitung für Kühlschrank-Überwinterung
Während die Tiere sich auf die Starre einstellen, sollte auch der Halter mit den technischen Vorbereitungen für die kontrollierte Kühlschrank-Überwinterung beginnen:
- Kühlschrank gründlich reinigen, Wasserabfluss freimachen
- Benötigte Technik für Absicherung und Kontrolle besorgen
- Funktion des Not-Aus Thermostats prüfen, Reserve-Thermostat besorgen
- Starre-Boxen kontrollieren
- Schildkröten-Substrat besorgen
- Frisches Buchen- oder Eichenlaub sammeln
- Thermometer testen
- Neue Batterien in die Haushaltswaage, mit der bei der Einwinterung das Gewicht der Schildkröten ermittelt werden soll
- Man sollte allmählich beginnen, den Kühlschrank einzufahren.
Alle Informationen rund um die Kontrollierte Kühlschrank-Überwinterung im Taschendinos Handbuch Kühlschrank-Überwinterung.

🔧 Vorbereitung der Technik für die Überwinterung in der geschützten Grube
Auch für Tiere, die in einer geschützten Grube unter dem Frühbeet überwintern, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die gesamte Technik zu überprüfen.
Vor Beginn des Winters sollten alle Heizelemente – ob Heizkabel, Heizmatten oder Gewächshausheizungen – sorgfältig auf ihre Funktion und Sicherheit kontrolliert werden.
Besonders wichtig ist, dass
- alle Kabelverbindungen, Stecker und Zuleitungen unbeschädigt und sicher verlegt sind,
- die Thermostate zuverlässig arbeiten und vor Feuchtigkeit geschützt sind,
- die Heiztechnik frei von Schmutz ist,
- und für alle kritischen Komponenten (Thermostat, Heizung, Kabel) Ersatztechnik bereitliegt.
Praxis-Tipp:
Technik fällt erfahrungsgemäß immer dann aus, wenn man sie am dringendsten braucht – oft an Feiertagen oder Wochenenden, wenn kein Ersatz zu bekommen ist.
Daher sollte die gesamte Anlage vor dem Winterstart gründlich getestet werden, um gefährliche Situationen wie beispielsweise einen Heizungsausfall bei Frost zuverlässig zu vermeiden. Was die Zuverlässigkeit betrifft, so würde ich empfehlen, möglichst auf europäische Hersteller zurückzugreifen, deren Produkte auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit wesentlich intensiver getestet werden als die asiatischer Billigquellen. Zudem sollten alle Geräte über die nötigen Prüfzeichen verfügen. Gerade bei Thermostaten und Heizungen sollte man großen Wert auf Qualitätsprodukte legen, da davon das Leben unserer Tiere während der Winterstarre abhängen kann.
Alle Informationen rund um Technik und Grubenüberwinterung findet man im Taschendinos Handbuch Technik.
Fazit Woche 1
Die Tiere orientieren sich zunehmend an der herbstlichen Witterung:
Sie fressen weniger, ruhen länger und reagieren träger auf Lichtreize. Außerdem suchen sie vermehrt ihre Badeschalen auf, man sollte also häufig für frisches Wasser sorgen.
Für Halter bedeutet das: Geduld, Genauigkeit und sanftes Vorgehen.
Wer die Temperatur langsam reduziert, die Sonnenscheindauer kontrolliert verkürzt und das natürliche Klima imitiert, schafft beste Voraussetzungen für eine gesunde Winterstarre.
