Winterstarre, Winterschlaf oder Winterruhe – Schildkröten „starren“ im Winter, und „schlafen“ oder „ruhen“ nicht.
„Um die kalten Monate zu überstehen, fallen Europäische Landschildkröten in der Natur in eine Kälte- oder Winterstarre. Im Gegensatz zu Winterschlaf oder Winterruhe der Säugetiere ist das ein passiver Vorgang, der bei wechselwarmen Tieren in Anpassung an die Umgebungstemperatur erfolgt: Nehmen die Temperaturen ab, sinkt auch die Körpertemperatur des Reptils, und alle Stoffwechselfunktionen, Herzschlag und Atemfrequenz werden auf ein Minimum gedrosselt.“ Bundestierärztekammer (2012)

Winterstarre bei Landschildkröten
Europäische Landschildkröten halten eine Winterstarre (Hibernation), um die kalte Jahreszeit zu überstehen. In ihren natürlichen Lebensräumen erreichen sie im Winter weder ihre bevorzugte Körpertemperatur von 35-38°C, noch finden sie ausreichend Nahrung. Eine Kältestarre ermöglicht es ihnen, die niedrigen Temperaturen in einer inaktiven Phase zu überdauern, ohne Energie zu verbrauchen.




Warum „Winterstarre“ und nicht „Winterschlaf“?
Winterstarre wird oft mit Winterruhe oder Winterschlaf verwechselt, diese Begriffe beschreiben jedoch Vorgänge bei Tieren, die ihre Körpertemperatur durch eigene Wärmeerzeugung regulieren können. Eichhörnchen beispielsweise halten eine Winterruhe, die leichteste Form der Überwinterung. Igel halten einen Winterschlaf, die nächste, tiefere Stufe der Hibernation. Reptilien wie Schildkröten sind wechselwarm und auf äußere Bedingungen angewiesen, um ihre Körpertemperatur zu kontrollieren, daher halten sie die tiefste Form der Überwinterung, die Winterstarre. Ihre Körpertemperatur sinkt hierbei auf die Umgebungstemperatur ab, Herzschlag, Atmung und Stoffwechsel werden auf ein Minimum reduziert.

Bedeutung der Winterstarre von Anfang an
Die Kälte- oder Winterstarre ist ein fester Bestandteil des Jahreszyklus europäischer Landschildkröten und sollte auch in Gefangenschaft ermöglicht werden, und zwar bereits im ersten Lebensjahr. Ohne Winterstarre wachsen Jungtiere entgegen veralteten Empfehlungen zu schnell und entwickeln gesundheitliche Probleme. Ein Ausbleiben kann zudem das Hormon- und Immunsystem der Schildkröten beeinträchtigen. Wenn auch die Starre eine Zeit der natürlichen Selektion ist, so erspart sie doch vielen Tieren späteres Dahinsiechen.


Tipps zur Überwinterung von Landschildkröten der Bundestierärztekammer e.V.
Die Bundestierärztekammer unterstreicht die Wichtigkeit der winterlichen Ruhephase von Landschildkröten zur Gesunderhaltung. Diese Phase, auch Kältestarre genannt, ist besonders für Europäische Landschildkröten bedeutend, da sie in der Natur eine Anpassung an die kalten Monate darstellt. Während der Kältestarre sinkt die Körpertemperatur der Reptilien, und Stoffwechselvorgänge, Herzschlag sowie Atemfrequenz werden auf ein Minimum reduziert. Dies unterstützt sowohl den Hormonhaushalt als auch das Immunsystem der Tiere und verhindert ein zu schnelles Wachstum, insbesondere bei jungen Schildkröten.
Vorbereitung auf die Winterruhe: – Im Oktober, wenn die Tage kürzer und kälter werden, bereiten sich die Schildkröten allmählich auf ihre Ruhephase vor. Ein Tierarztbesuch zur Gesundheitsüberprüfung und Kotuntersuchung auf Parasiten ist empfehlenswert.
Die Überwinterungskiste sollte an einem dunklen Ort bei konstanten 4-6 Grad Celsius platziert werden.
Methoden der Überwinterung:
– Ein Kühlschrank für Schildkröten:
Die Kühlschrankmethode gilt als besonders effektiv, da die Temperatur exakt geregelt und mit einem elektronischen Thermometer überwacht werden kann. Regelmäßiges Öffnen der Kühlschranktür sorgt für ausreichend Sauerstoffzufuhr. Alle zwei Wochen sollten die Schildkröten gewogen und auf ihren Gesundheitszustand überprüft werden. Ein Gewichtsverlust sollte vermieden werden.
Jetzt hier erhältlich: Taschendinos Handbuch Kühlschrank-Überwinterung.

–Alternative Methoden (z.B. Keller, Balkon, Garage): Diese sind problematisch, da sich die Temperaturen nicht konstant halten lassen. Ein Eingraben im Gehege birgt das Risiko schädlicher Temperatureinflüsse und erschwert die Kontrolle über den Zustand der Schildkröten.
Insgesamt ist eine sorgfältige und gut durchdachte Vorbereitung der Überwinterung essenziell, um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Landschildkröten langfristig zu sichern.
(Gekürzte Zusammenfassung des „Infobriefs zur Kältestarre“ der Bundestierärztekammer, 2012)
Ergänzend ist anzumerken, dass die Kotuntersuchung möglichst im August erfolgen sollte, damit noch genügend Zeit für eine allfällige Entwurmung bleibt. Ein Vor-Starre-Checkup beim Reptilientierarzt erhöht das Sicherheitsniveau enorm.
Grubenüberwinterung
Schildkröten, die in der vor Fressfeinden und Frost geschützten Grube starren, sichert man auf 5-6°C ab, und zwar möglichst mittels einer Elektro-Gewächshausheizung. Diese Tiere können, wenn sie inaktiv werden, und die Temperatur eine Weile im Starrebereich ist, mit Buchen-Laub bedeckt werden, und dann kann man auch das Frühbeet gegen Frost isolieren, beispielsweise mit einer Styrodurhaube. Zu bedenken bei der Isolierung mit Laub ist, dass Isolierung in beide Richtungen wirkt, und zuviel Laub auch verhindern könnte, dass die nötige Wärme am Tier in der Grube ankommt.
Achtung, wird ein Dunkelstrahler verwendet, so sollte keinesfalls Brennbares wie Stroh, Laub oder ein Holzhaus in den Strahlungsbereich eingebracht werden. Aus Sicherheitsgründen wird heute glücklicherweise zunehmend von der Verwendung dieser gefährlichen Heizmöglichkeit abgesehen, außerdem kann in besonders kalten Winter die Temperatur von 5-6°C nicht zuverlässig damit abgesichert werden. Häufig verwendet werden auch Schlafhäuser über der Grube mit einer Deckelheizung, die aus einem Heizkabel oder einer Heizmatte besteht. Wird nur das Schlafhaus über der Grube beheizt, so muss man sichergehen, dass die Tiere auch im abgesicherten Temperaturbereich bleiben, damit sie nicht im unbeheizten Teil erfrieren.
Die Grubenüberwinterung sollte stets rundum mit Thermometern auf verschiedenen Tiefen der Grube und an der Oberfläche kontrolliert werden. Dafür haben sich gut Smartthermometer bewährt, die einem im Notfall einen Alarm aufs Handy schicken können.
Mehr Informationen zum Bau einer vor Fressfeinden und Frost geschützten Grube findet man im Taschendinos Handbuch Technik.
Je nach Sicherheitsniveau der Grube ist dies eine sichere und stressarme Überwinterungsmöglichkeit.
Weitere Informationen dazu von Anke Rotzler findet man hier:

Wichtig vor der Winterstarre ist die notwendige, stufenweise allmähliche Absenkung der Temperaturen, gemäß dem Klima in den Habitaten. Hier geht’s zur Taschendinos Temperaturabsenkung für alle Starre-Arten ab Ende Oktober:
Wie kann ich erkennen, ob meine Schildkröte sich in der Starre befindet?
Rund um Nikolaus ist es meist so weit:
Die Schildkröten befinden sich bei Temperaturen von dauerhaft 5-6 Grad in der Kältestarre. In besonders warmen Jahren kann sich die Einwinterung der Tiere allerdings in die Länge ziehen. Möchte man seine Schildkröte im Kühlschrank einwintern, so möchte man sichergehen, dass sie fest starrt, und nicht nur schläft. Die genaue Vorgehensweise hierbei findet sich unten in der Checkliste Einwinterung. Generell kann man davon ausgehen, dass eine Schildkröte fest starrt, wenn sie beim Wiegen und Checken nicht aufwacht, sich maximal in Zeitlupe bewegt und ihre Augen fest geschlossen hat. Diese Schildkröten können eingewintert werden. Mehr dazu findet man hier: Einwinterung.
Tiere, die einen noch anschauen, starren definitiv noch nicht, sondern ruhen nur.


Was, wenn man denkt, dass die Schildkröte verstorben sein könnte?
Gerade für Anfänger kann es anfangs schwierig sein, ein verstorbenes Tier von einem in der tiefen Kältestarre befindlichen zu unterscheiden. Besonders im grenzwertig niedrigen Starrebereich um 4°C sind kaum noch Lebenszeichen wahrnehmbar, und es kann mehrere Stunden dauern, bis ein Tier daraus auftaucht. Sicherlich sind Temperaturen im Starrebereich unter 8°C in jedem Fall ein Hinweis darauf, dass sich das Tier 99%-ig in der Winterstarre befindet.
Wie man feststellen kann, ob seine Schildkröte nicht mehr am Leben sein könnte, kann man ausführlich hier nachlesen: Ist meine Schildkröte womöglich verstorben?