Rund um die artgerechte Ernährung von Landschildkröten
Die Ernährung Europäischer Landschildkröten sollte ausschließlich aus langfaserigen, auf mageren Böden gewachsenen Wildkräutern und geeigneten Baum-, Strauch- und Blütenblättern bestehen. Sie sind herbivore Nahrungsopportunisten, also überwiegende Pflanzenfresser.

Vortrag Ernährung
Der neue Vortrag bietet eine fundierte Einführung in die Grundlagen der Ernährung von Landschildkröten. Er richtet sich an Halter, die sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzen möchten.
Inhalte des Vortrags:
- Herbivore und omnivore Ernährung
- Verdauung bei Landschildkröten
- Stoffwechsel
- Kalzium-Phosphor-Verhältnis
- Kalziumversorgung
- Auswahl geeigneter Pflanzen
- Informationsquellen
- Giftpflanzen
- Futterpflanzen
- Möglichkeiten des Eigenanbaus

Das Verdauungssystem
Das gesamte Verdauungssystem der Europäischen Landschildkröten ist auf die Verdauung langfaseriger Wildkräuter ausgerichtet. Der Schildkröten-Magen ist relativ klein, und auf die Verarbeitung geringer Nahrungsmengen ausgerichtet. Als Weidegänger laufen die Schildkröten täglich bis zu 3 km, um ihren Futterbedarf zu stillen. Sie fressen meist nur ein Blatt hier, ein Blatt dort, und nehmen so jeweils kleine Mengen einer großen Vielfalt an Pflanzen zu sich. Dennoch sind unsere Tiere als sogenannte Nahrungsopportunisten keine reinen Pflanzenfresser. Bei Gelegenheit fressen sie beispielsweise Kot (Koprophagie) und Aas. Schnecken und Würmer werden auch gelegentlich gefressen. Beim Fressen von Schnecken entsteht durch Verschleimung Erstickungsgefahr. Man sollte alle Reste mit einem nicht fusselndem Stofftuch entfernen, und das Maul mit Tomate oder Himbeere einreiben. Die darin enthaltene Fruchtsäure löst den Schleim.
Blind- und Dickdarm sind bei Herbivoren besonders wichtig. Sie bilden Gärkammern, in denen mit Hilfe der Darmflora die harten Rohfasern abgebaut und verwertet werden.
Deshalb sollte ein geeignetes Futter für Europäische Landschildkröten nur wenig leicht verdauliche Bestandteile wie Zucker und andere Kohlenhydrate enthalten. Stattdessen ist ein hoher Anteil an strukturierter Rohfaser wichtig, bei gleichzeitig geringem Proteingehalt bis etwa 8 %.
Fehlt strukturierte Rohfaser im Futter, oder wird sie durch leicht verdauliche Substanzen, wie Stärke oder Zucker, ersetzt, kann es zu Fehlgärungen im Darm kommen. Diese führen zu einer stark verkürzten Passagezeit des Futters und einer gestörten Darmflora – Teile der Bakterienflora werden verdrängt oder sterben ab. In der Folge verlieren die Schildkröten Flüssigkeit und erkranken häufig an schwer behandelbarem Durchfall. Auch parasitäre Infektionen werden dadurch begünstigt.
Da Wasser in ihrem natürlichen Lebensraum über lange Zeiträume knapp ist, haben sich Europäische Landschildkröten darauf eingestellt, die Endprodukte des Eiweißstoffwechsels in Form wasserunlöslicher Harnsäuresalze (Urate) auszuscheiden. So bleibt dem Körper wertvolles Wasser erhalten. Diese Anpassung funktioniert jedoch nur bei eiweißarmer Ernährung. Führt eine zu proteinreiche Fütterung zur übermäßigen Bildung von Uraten, können diese nicht mehr vollständig ausgeschieden werden. Die Folge sind Nierenschäden bis hin zum völligen Nierenversagen sowie eine schmerzhafte, oft tödlich verlaufende Gichterkrankung.
Für die effektive Verdauung von faserreicher Nahrung ist es unerlässlich, dass die Tiere einerseits jederzeit Zugang zu Trinkwasser haben, und andererseits ihre optimale Körpertemperatur (Vorzugstemperatur 35-38 °C) erreichen. Dies geschieht in der Natur durch Sonnenbäder und sollte in der Haltung durch eine starke UV-Lichtquelle simuliert werden, die den „Sonnenplatz“ lokal erwärmt. Gleichzeitig ist es wichtig, den Tieren auch kühlere Rückzugsorte zur Verfügung zu stellen. Licht und Wärmestrahlung fördern die Aktivität sowie den Appetit der Tiere. Die Darmpassage, bis die Stoffwechselendprodukte als Kot ausgeschieden werden, kann leicht zwei Wochen betragen, bei sehr harten Wildkräutern, wie Disteln, sogar länger.

Obst und Gemüse?
Obst und Gemüse können nicht gut verdaut werden und enthalten zuviel Zucker, und zu wenig Rohfaser, deshalb sollten sie grundsätzlich nicht gefüttert werden. Zucker kann zu einem explosionsartigen Anstieg von Darmparasiten führen.
Bittersalate- eine Notlösung
In der Regel ist es rund ums Jahr kein Problem, Wildkräuter zu finden. Bei Tieren, die aufgrund von Krankheit nicht in die Starre dürfen, kann es Probleme bei einer dichten Schneedecke geben, die nötigen Kräuter zu sammeln. In solchen Fällen ist es durchaus in Ordnung, kurzzeitig Bio-Bittersalate zu füttern. Nach dem Waschen werden sie mit getrockneten Wildkräutern überstreut, um sie mit mehr Rohfasern anzureichern. Gut geeignet zu diesem Zweck sind Romana-Salat, Chicorée, Rucola und Feldsalat in Bio Qualität. Sehr gut angenommen wird Riesen-Löwenzahn, der häufig beim mediterranen Gemüsehändler erhältlich ist. Zum Überstreuen kann man gut selbst getrocknetes, zerbröseltes Kräuterheu, Agrobs Fibre und getrocknete Blüten verwenden. So rasch wie möglich sollte dann wieder auf reine Wildkräuter-Fütterung umgestellt werden.


Ein Selbstversorgergehege rund ums Jahr
Idealerweise versorgen sich die Tiere selbst in ihrem Gehege, das nennt man ein „Selbstversorgergehege“. Hier können die Tiere wie im Habitat auf Weidegang gehen. Man sorgt dort stets für frisches Futter, indem man mehrmals im Jahr gemischte Wildkräutersamen aussät. Ein schönes Beispiel für ein Selbstversorgergehege sieht man hier:



Diese aussagekräftigen Gehegefotos wurden netterweise von Susi Ristow zur Verfügung gestellt, viel Dank dafür!
Die Futterauswahl
Verbreitete, leicht zu findende Futterpflanzen für „Einsteiger“
Von den geeigneten Futterpflanzen für Schildkröten kommen einige in Mitteleuropa, insbesondere in Acker- und Wiesenlandschaften, häufig vor. Zu den häufigen Arten zählen:
1. Ackersalat (Valerianella locusta) – Auch bekannt als Feldsalat, kommt häufig auf Äckern und in Gärten vor.
2. Brennessel (Urtica dioica) – Sehr verbreitet in Europa, gedeiht gut auf nährstoffreichen Böden.
3. Löwenzahn (Taraxacum officinale) – Weit verbreitet in Wiesen und Gärten, bekannt für seine leuchtend gelben Blüten.
4. Johanniskraut (Hypericum perforatum) – Häufig auf Wiesen und an Wegrändern zu finden, oft in sonnigen Lagen.
5. Gänsedistel (Sonchus asper) – Vor allem an Wegrändern und auf Schuttplätzen häufig anzutreffen.
6. Vogelmiere (Stellaria media) – Sehr häufig in Gärten, Feldern und Beeten zu finden, bekannt für das schnelle Wachstum.
8. Hirtentäschelkraut (Capsella bursa-pastoris) – Häufig an Wegrändern, auf Äckern und Brachflächen.
All diese Pflanzen sind anpassungsfähig und gedeihen in verschiedenen Umgebungen, weshalb sie oft als „Beikraut“ oder abfälliger als „Unkraut“ bezeichnet werden, obwohl viele von ihnen nützliche Eigenschaften oder Anwendungen haben.

Beliebte Futterpflanzen für herbivore Schildkröten
-Ackersalat: Valerianella locusta – Augentrost, Wiesen- Euphrasia officinalis– Acker/Garten-Ringelblume: Calendula officinalis – – Brennnessel: Urtica dioica – Taubnessel: Lamium – Brennnessel: Urtica dioica – Eselsdistel: Onopordum -Ferkelkraut, gewöhnliches: Hypochoeris radicata – Fingerkraut, kriechendes: Potentilla reptans – Frauenmantel: Alchemilla – Flockenblume: Centaurea – Glockenblumen: Campanula – Goldrute, echte: Solidago virgaurea– Habichtskraut: Hieracium – Hirtentäschel: Capsella bursa-pastoris – Huflattich: Tussilago farfara – Kapuzinerkresse: Tropaeolum majus – Kletten: Arctium – Gänsedistel: Sonchus – Löwenzahn: Taraxacum officinale – Malven: Malva – Mariendistel: Silybum marianum – Nachtkerze: Oenothera – Schafgarbe: Achillea millefolium – Storchschnabel: Geranium – Studentenblume: Tagetes – Vogelmiere: Stellaria media – Wegwarte: Cichorium intybus – Wicken: Vicia – Wiesen-Pippau: Crepis biennis – Wiesenknopf, großer
– Ziest, Sumpf-: Stachys palustris
Dies ist lediglich eine kleine Auswahl, es empfiehlt sich, mit einem guten Futterpflanzen-Handbuch zu lernen und zu sammeln.

Fressbares Baumlaub
Als Futter in Frage kommt auch das Laub von ungespritzen Obstbäumen, wie zum Beispiel Apfel, Birne, Kirsche. Äußerst gern gefressen werden die Blätter des Maulbeerbaumes, die zudem sehr gesund für unsere Schildkröten sein sollen. Bei allen Obstbäumen werden natürlich nur die Blätter verfüttert, nicht die Früchte. Obstbäume sollten daher nicht innerhalb des Geheges gepflanzt werden. Verfütterbar sind auch die Blätter von Himbeere und Brombeere. Sehr gut geeignet ist auch Weidenlaub.

Blütezeiten der Futterpflanzen
Viele der gängigen Futterpflanzen haben spezifische Blütezeiten, die von den klimatischen Bedingungen abhängen können. Hier ist eine allgemeine Einteilung in frühe, mittlere und späte Blütezeiten:
Früh blühende Pflanzen:
– Löwenzahn (Taraxacum officinale): Blüht häufig ab April. Ideales Kalzium-Phosphorverhältnis, nicht zu häufig füttern wegen der enthaltenen Oxalsäure.
– Gänsedistel, rauhe (Sonchus asper): Kann bereits im Frühling zu blühen beginnen.
– Schaumkraut, Wiesen- (Cardamine pratensis): Blüht typischerweise im Frühling.
– Ackersalat (Valerianella locusta): Kann bereits im späten Winter bis frühen Frühling blühen.
In der Mitte des Jahres blühende Pflanzen:
– Vogelmiere (Stellaria media): Blüht vom Frühling bis in den Sommer hinein.
– Brennessel (Urtica dioica): Blüht in der Regel von Juni bis September.
– Weißklee (Trifolium repens): Blüht vom späten Frühling bis zum Herbst. Achtung, Weißklee ist sehr eiweißreich und sollte daher nur in kleinen Mengen angeboten werden.
– Johanniskraut (Hypericum perforatum): Blütezeit von Juni bis August.
Spät blühende Pflanzen:
– Franzosenkraut (Galinsoga parviflora): Blüht typischerweise den gesamten Sommer über bis in den Herbst.
– Wegwarte (Cichorium intybus): Blüht eher von Juli bis Oktober.
– Ringelblume (Calendula officinalis): Blüht vom Sommer bis in den Herbst hinein.
– Goldrute, echte (Solidago virgaurea): Blütezeit meist von Juli bis September.
Diese Blühzeiten sind allgemein und können je nach Region und spezifischen Wetterbedingungen variieren. Sie bieten jedoch einen Überblick, wann bestimmte Pflanzen gedeihen, was hilfreich sein kann, um den Pflanzenbestand während der ganzen Vegetationsperiode zu planen und sicherzustellen, dass immer frisches Futter zur Verfügung steht. In jedem Fall sollte zumindest Futter zu Grundversorgung selbst angebaut werden.
Auswahl von Futterpflanzen nach verschiedenen Kriterien
Vielfalt
Biete eine breite Palette von Pflanzen an, um sicherzustellen, dass die Schildkröten alle notwendigen Nährstoffe erhalten. Verschiedene Pflanzen bieten unterschiedliche Vitamine und Mineralien, wodurch eine abwechslungsreiche Ernährung entscheidend für die Gesundheit ist.
Calcium-Phosphor-Verhältnis
– Optimales Ca:P-Verhältnis: Ein ausgewogenes Calcium-Phosphor-Verhältnis ist entscheidend. Pflanzen wie Brennessel und Wegerich sind wegen ihres hohen Kalziumgehalts und guten Ca:P-Verhältnisses besonders wertvoll. Siehe unten mehr dazu.
Vitaminreiche Pflanzen
– Vitamin A und C Quellen: Pflanzen wie Löwenzahn und Ackersalat bieten reichlich Vitamin A und C, wichtig für das Immunsystem und die Sehkraft. Siehe auch weiter unten.
Eiweiß– und Energiegehalt
– Eiweißreiche Pflanzen moderat füttern: Pflanzen wie Weißklee und Luzerne sind eiweißreich und sollten in Maßen angeboten werden, um Überfütterung oder gesundheitliche Probleme zu vermeiden.
Vorsicht bei bestimmten Pflanzen
– Begrenzung bestimmter Pflanzen: Einige Pflanzen, wie Barbarakraut und Franzosenkraut, sind reich an speziellen Nährstoffen, aber auch in größeren Mengen nicht ideal. Bei toxischen oder weniger geeigneten Pflanzen, wie der Platterbse (aufgrund ihrer schwach giftigen Samen), ist Zurückhaltung geboten. Generell sollten Samenkapseln entfernt werden.
Seltene Anwendung und Erhalt geschützter Arten
– Geschützte Pflanzen und Saisonalität: Einige Pflanzen sind geschützt oder selten (z.B. Lungenkraut, Schlüsselblume). Bei der Fütterung ist auf gesetzliche Bestimmungen Rücksicht zu nehmen, und Alternativen sind vorzuziehen. Falls dennoch etwas davon verfüttert werden soll, sollte man nur wenige Blätter nutzen und den Rest der Pflanze und die Blütenstände unbedingt stehenlassen, im Sinne der Nachhaltigkeit. Es ist auch bedenken, dass einige bedrohte Insekten auf spezielle Blüten angewiesen sind, um überleben zu können. Insofern sollte man nur das Nötigste nutzen.
Ballaststoffreiche Pflanzen
– Ballaststoffquellen integrieren: Pflanzen wie Pippau und Flockenblume sind ballaststoffreich und fördern eine gesunde Verdauung. Bei der sommerlichen Trockenfütterung (siehe unten) kommt auch gern Johanniskraut
(Hypericum ) zum Einsatz da es im trockenen Zustand auch als Kräuterheu gefressen wird.
Diese Empfehlungen sollen dabei helfen, eine ausgewogene und gesunde Futterpflanzenauswahl zu treffen, die den ernährungsphysiologischen Bedürfnissen von Europäischen Landschildkröten gerecht wird.
Rund um Vitamingehalt und Kalzium-Phosphor-Verhältnis
Informationen zum Vitamingehalt und Kalzium-Phosphor-Verhältnis (Ca:P) für Futterpflanzen sind nicht immer vollständig verfügbar oder umfassend dokumentiert. Dennoch steht oftmals fest, welche Pflanzen für bestimmte Nährstoffe bekannt sind. Hier sind einige Informationen zu ausgewählten Futterpflanzen:
- Ackersalat (Valerianella locusta): Enthält Vitamin A, Vitamin C und Folsäure. Das Ca:P-Verhältnis ist eher ausgeglichen.
- Brennessel (Urtica dioica): Sehr kalziumreich, mit einem Ca:P-Verhältnis von etwa 3-5:1. Enthält auch Vitamin A, C, und K.
- Löwenzahn (Taraxacum officinale): Hat ein gutes Ca:P-Verhältnis von 2-3:1 und ist reich an Vitamin A, C und K. Allerdings recht viel Oxalsäure, immer mit anderem Futter mischen.
- Franzosenkraut (Galinsoga parviflora): Bekannt für einen hohen Calcium- und Vitamingehalt, spezifische Werte sind jedoch schwer zu finden.
- Weißklee (Trifolium repens): Hat ein moderates Ca:P-Verhältnis und ist sehr proteinreich, daher nur mäßig füttern.
- Wegerich (Plantago ): Sehr kalziumreich mit einem bemerkenswert hohen Ca:P-Verhältnis von 21,9:1.
Viele dieser Pflanzen sind durch ihre Vielseitigkeit und ihr Nährstoffprofil als Ergänzung zur Hauptnahrung von Schildkröten geeignet. Es ist wichtig, eine Vielzahl von Pflanzen anzubieten, um eine ausgewogene Nährstoffaufnahme zu gewährleisten.
Generell gilt, dass eine ausgewogene Ernährung durch Abwechslung und Vielfalt erreicht wird, was für ein gesundes Wachstum und Wohlbefinden der Schildkröten sorgt.







Trockenfütterung von Kräuterheu und Agrobs im Hochsommer
Im Hochsommer sollte man vermehrt Getrocknetes füttern, beispielsweise Kräuterheu und in Wasser eingeweichte Agrobs Testudo Heucobs. In der Regel kann man beides zusammen oder alternativ im Hochsommer von Juli bis August anbieten. Agrobs Testudo besteht aus auf die Ernährung von Landschildkröten abgestimmtem Kräuterheu, dass getrocknet und in Pelletform gepresst wird. Mit Wasser rührt man es zu einem gesunden Nahrungsbrei für Landschildkröten an. Einmal am Tag sollte die Mischung frisch angeboten werden. Für Landschildkröten aus Trockengebieten, gibt es Testudo Herbs, die nicht eingeweicht werden müssen. Für Schlüpflinge gibt es Testudo Baby, mit etwas höherem Eiweißgehalt. Hochwertiges Timothy-Heu kann ebenfalls angeboten werden, allerdings wird es nicht immer angenommen. Das Heu sollte täglich ausgetauscht werden, da es sonst zu Schimmelbildung kommen könnte.



Was ist eigentlich Kräuterheu ?
Ganz einfach: Bei Kräuterheu handelt es sich um getrocknete Wildkräuter, die man nach den Vorlieben und Bedürfnissen der Tiere selbst mischt.
Ich habe stets viel Brennessel drin, da meine Weibchen schlechte Harnsäurewerte haben. Dazu trockne ich zum Beispiel Wegerich, Maulbeere, Löwenzahn, Wegwarte, Taubnessel, Gänsedistel, Kamille, Hibiskus und Mariendistel. Als Leckerli einige Blüten der Hundsrose. Alles wird morgens auf der gefegten Terrasse ausgebreitet. Dort sollte man es gut an einem sonnigen Tag durchtrocknen lassen. Mittags sollte man das Kräuterheu wenden, und es dann nach dem Trocknen luftig in Kopfkissenbezug oder Stoffbeutel aufbewahren bis zum Hochsommer.
Im Hochsommer wird dann, in den Monaten Juli und August, zusätzlich zum Futter, das die Tiere im Selbstversorgergehege finden, überwiegend Kräuterheu und eingeweichte Agrobs gefüttert.



Futterpflanzen selbst anbauen
Um eine Versorgung mit hochwertigem Futter rund um die Saison zu gewährleisten, sollte man Futterpflanzen selbst kultivieren. Hilfreich ist im Frühjahr das Vorziehen von Futterpflanzen auf der Fensterbank, im Hochbeet mit Frühbeetaufsatz oder im Gewächshaus, im Außenbereich früh im Jahr unterstützt zum Beispiel durch einen großen Tontopf mit einem Grablicht darin, als günstige Heizmöglichkeit.
Eine günstige Lösung zum Futterpflanzen anziehen sind Vlies-Hochbeete in Verbindung mit Pop-Up-Gewächshäusern.
Besonders stabile Hochbeete mit Frühbeetaufsatz sind sehr gut zur Futterpflanzen Anzucht zu nutzen. Auch im Frühbeet oder Gewächshaus gelingt die frühe Anzucht sehr gut. Man kann auch eine Hydroponikanlage bauen, um Futterpflanzen zu ziehen.
Futterpflanzen Samen erntet man im Herbst selbst von den abgeblühten Futterpflanzen oder kauft sie in Samenhandlung oder Schildkröten Shop.
Jegliche Erde, auf der Wildkräuter gezogen werden, sollte kräftig aufgekalkt werden mit Dolomitkalk, damit die darauf wachsenden Futterpflanzen kalziumreich sind. Im Gehege sorgt der eingebrachte Kalkschotter auch für eine gute Kalziumversorgung der dort wachsenden Pflanzen. Mehrmals im Jahr wird Futterpflanzen Samen im Gehege ausgesät. Regelmäßig sollte auch Samen in die Frühbeete geworfen werden, damit die Schildkröten in der Übergangszeit und bei schlechtem Wetter etwas zu fressen haben.









Ernte von Futterpflanzensamen im Spätsommer
In der Regel sollte im Spätsommer ein mäßiger Rückschnitt im Gehege der Europäischen Landschildkröten erfolgen, um natürliche Sonnenplätze zu schaffen. Vieles ist über die Sommermonate vertrocknet. Dabei kann man beispielsweise auch etwas neuen Kalkschotter einbringen, und es bietet sich die Gelegenheit, einige Futterpflanzen Samen abzuernten. Beim Rückschnitt sollte man beachten, dass er erst nach dem Abblühen der Pflanzen erfolgen sollte, und dass man nur einen Teil der Stauden zur Schaffung von Sonnenplätzen zurück schneidet, um Insekten, Vögeln und Kleintieren weiterhin Nahrung und Rückzugsorte bieten zu können.

Die Stauden sollte man nicht zu tief zurück schneiden, um sie vor Frost zu schützen. Verblühte Dolden beispielsweise bieten vielen Insekten einen sicheren Überwinterungsort. Insofern sollte man keinesfalls „Kahlschlag“ betreiben. Auch erntet man nur einen Bruchteil der Samen ab und läßt den Großteil über den Winter stehen. Was nicht von Vögeln gefressen wird, samt dann wieder im Gehege aus.









Futterpflanzen-Samen wachsen problemlos und schnell direkt auf dem Kalkschotter. Auch kann man zusätzlich durch ein zweimaliges Düngen im Jahr mit Dolomitkalk den Boden abmagern und die Futterpflanzen gut mit Kalzium versorgen. Extern gezogene Futterpflanzen, zum Beispiel in Beeten, Gewächshäusern und Hochbeeten, sollten ebenfalls reichlich mit Dolomitkalk versorgt werden.
Kalzium
Rund um die Kalziumversorgung

Welchen Kalk benötigt meine Schildkröte?
Kalziumversorgung im Habitat
In ihrem natürlichen Habitat beziehen wildlebende Schildkröten ihren Kalziumbedarf weitgehend aus dem reichhaltigen Vorkommen von Kalk. Die Aufnahme erfolgt durch die Nahrungspflanzen, die auf kalkhaltigem Boden wachsen, sowie durch das Trinken von kalkhaltigem Wasser. Ergänzend tragen Kalksteinchen, Schneckenhäuser und angespülte Sepiaschulpen zur Kalziumversorgung bei.
Algenkalk, Sepia und Eierschalenmehl
In menschlicher Obhut wird dieser natürliche Prozess substituiert, wobei Sepiaschulp und Algenkalk als beste Quellen dienen.
Für die Schildkröten sollte also stets Kalzium in Form von Algenkalk (für die Tierernährung) und Sepiaschulp zur freien Verfügung bereit stehen. Sogenannte Kalkhöhlen, beispielsweise seitlich positionierte, fixierte Blumentöpfe, bieten eine attraktive Möglichkeit, Algenkalk und zerkleinerte Sepiaschulpen vor Feuchtigkeit zu schützen, während sie darin von den Schildkröten gerne konsumiert werden. Sepia, als reduzierte Schale von Tintenfischen, besteht hauptsächlich aus Kalziumkarbonat und wird als Nahrungsergänzungsmittel zur Kalziumversorgung genutzt. In ähnlicher Weise dient Algenkalk als Pulver aus Meeresalgenablagerungen und zeichnet sich als hervorragende Quelle für Kalzium aus. Die Auswahl sollte auf Produkte ohne Vitaminzusätze fallen, die speziell als Nahrungsergänzung für Tiere geeignet sind und einer qualitätssichernden Prüfung unterliegen.
Eierschalen als Kalziumquelle erweisen sich für Schildkröten als nur in äußerst feingemahlener Form verwertbar (Dr. BLAHAK 2024). Eierschalenmehl ist, ebenso wie Algenkalk, im Futtermittelhandel als Nahrungsergänzung für „barfende“ Hunde erhältlich, z.B. wie unten im Bild von der Fa. Lunderland. Sepia und Algenkalk sind natürlich auch bei den gängigen Schildkrötenshops erhältlich.
Die Bedeutung von Kalzium und UV-Strahlung
Kalzium wird dringend benötigt, damit Panzer und Knochen stabil und kräftig bleiben, und wird bei der Besonnung mit UV-B Licht (natürlich oder durch UV-B Lampen) eingelagert. Besonders wichtig ist Kalzium für im Wachstum befindliche, junge Tiere und bei Weibchen für die gute Beschalung der Eier. Eierlegende Weibchen nehmen vor der Eiablage große Mengen an Algenkalk und Sepia auf. Haben sie im Falle einer massiven Unterversorgung nicht genügend Kalzium zur Verfügung, wird es Knochen und Panzer entzogen, was zu einer Instabilisierung und letztendlich Knochenbrüchen führen kann. Als Schildkrötenhalter sollte man sich in diesem Zusammenhang auch über das Kalzium-Phosphor-Verhältnis informieren.


Kalkschotter
Die Integration von Kalkschotter in das Gehege erweist sich als förderlich, da die darauf wachsenden Futterpflanzen zusätzliches Kalzium aufnehmen. Darüber hinaus schafft der Kalkschotter ein angenehmes mediterranes Mikroklima, indem er nach Regen rasch abtrocknet, sich zügiger erwärmt und Wärme speichert.
Die regelmäßige Anwendung von Dolomitkalk in Pulverform, zweimal jährlich im Gehege verteilt, bietet eine zusätzliche Quelle für Kalzium. Ein gründliches Einschlämmen mit Wasser im Anschluss gewährleistet die optimale Nutzbarmachung dieses Minerals.

